Entzündungen im Blut sind Treiber für Tumorerkrankungen

Entzündungsprozesse im Blut spielen eine wichtige Rolle als Treiber für Tumorerkrankungen, zeigt eine deutsch-tschechische Studie. Zugleich liegt hier damit ein Ansatzpunkt für Therapien zur Verlängerung der Lebenserwartung. – Foto: AdobeStock/abhijith3747
Welche Prozesse oder Faktoren im Körper jenseits der eigentlichen Tumorerkrankung haben einen Einfluss auf deren Verlauf? Und wo kann die Medizin damit ansetzen, um die Lebenserwartung von Patienten positiv zu beeinflussen? Ein Team von deutschen und tschechischen Wissenschaftlern hat dies bei Patienten mit Magenkrebs im fortgeschrittenen Stadium untersucht – und herausgefunden, dass Entzündungsreaktionen im Körper einen entscheidenden Faktor für die Überlebensprognose darstellen.
Deutsch-tschechisches Krebsforschungsprojekt
Die Forschungsgruppe der Universitätsmedizin Leipzig untersuchte dafür gemeinsam mit Wissenschaftlern der Masaryk-Universität in Brünn/Tschechien Daten von über 500 Betroffenen, die vor einigen Jahren innerhalb einer klinischen Studie behandelt worden waren. Für die Analyse nutzten sie bestimmte Laborwerte im Blut, die eine Entzündungsreaktion im Körper anzeigen, sowie Messwerte zur Muskelqualität.
„Entzündungsreaktion im Blut der treibende Faktor für das Krankheitsgeschehen“
„Aus unseren Befunden kann geschlussfolgert werden, dass bei aggressiven, fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, wie am Beispiel des Magenkarzinoms, die Entzündungsreaktion im Blut der treibende Faktor für das Krankheitsgeschehen ist. Das hängt eng mit der Ausbildung einer Sarkopenie, einem Verlust von Muskelmasse und -qualität, zusammen“, erklärt Prof. Hacker, Oberarzt am Universitätsklinikum Leipzig. Zudem fanden die Mediziner heraus, dass bei Patienten, die im Rahmen der Studie mit einer Chemotherapie behandelt wurden und bei denen die Erkrankung nicht weiter fortgeschritten ist, der gemessene Entzündungswert im Blut deutlich zurückgegangen ist.
Muskulatur stärken: Das war der bisherige Therapieansatz
In der wissenschaftlichen Diskussion wurde den Muskelparametern bisher ein großer Stellenwert mit Blick auf die Prognose zugeschrieben und daraus die Hypothese abgeleitet, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Muskulatur die Lebenserwartung von Tumorpatienten verbessern könnten. Hierzu zählen insbesondere körperliches Training oder Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährung.
Entzündungen: „Zentraler Angriffspunkt zur Verbesserung der Prognose“
Zumindest für fortgeschrittene Tumorerkrankungen, wie in der vorliegenden Studie, zeigt sich nun, dass die Entzündungsreaktionen offenbar führend sind. „Entgegen unserer Ergebnisse einer vorherigen Studie wissen wir nun, dass die Muskelqualität als Faktor nicht ausschlaggebend für die Lebenserwartung der Patienten mit fortgeschrittenem Magenkrebs ist“, fasst Studienleiter Prof. Dr. Ulrich Hacker die Kernaussage der Studie zusammen. „Die Beeinflussung der Entzündungsreaktion stellt sich als zentraler Angriffspunkt heraus, um sowohl die Prognose als auch die Sarkopenie zu verbessern.“
Die Aussagekraft der jetzt im Fachmagazin „Annals of Oncology“ veröffentlichte Studie bezieht sich, wie erwähnt, auf Patienten mit einem Magen-Karzinom. Inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Tumorarten übertragbar sind und wie sich unterschiedliche Tumortherapien oder andere Behandlungen auf die Entzündungsreaktionen im Blut auswirken, muss den Wissenschaftlern in künftigen Forschungsprojekten weiter erhellt werden.