
Prof. Dr. Arneborg Ernst
Ohne Behandlung führt Schwerhörigkeit im Alter nicht nur zum gesellschaftlichen Rückzug der Betroffenen. Auch die Hirnleistungsfähigkeit nimmt durch das Nicht-Hören rapide ab und beschleunigt so die Demenz. Und schlechtes Hören trägt bei älteren Menschen nachweislich zur Sturzgefahr bei, weil räumliche Signale nicht wahrgenommen werden können.
Hörstörungen behandeln
Mit neuen OP-Verfahren und intelligenten Hör-Systemen lassen sich Hörstörungen heute sehr erfolgreich behandeln. Auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2009 stellte das Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) die neuen Behandlungsmöglichkeiten mit einem implantierbaren Hörsystem vor. Das so genannte "Vibrant Soundbridge" sei ein teilimplantierbares System, dass selbst bei schweren Schädigungen des Innenohrs, des Mittelohrs und der Gehörknöchel, Patienten wieder das Hören ermögliche, meinte Prof. Dr. Arneborg Ernst, Direktor der Klinik für HNO-Heilkunde im ukb.
So funktioniert der Audioprozessor
Das System besteht aus zwei Komponenten: Der Audioprozessor enthält wie ein modernes Hörgerät - das Mikrofon, den Chip zur digitalen Sprachverarbeitung und eine Batterie. Das unauffällige Gerät sitzt im Haaransatz und wird durch Magnetkraft über dem Implantat gehalten. Das eigentliche Implantat enthält den Gegenmagneten zum Audioprozessor und die Empfangsspule. Die empfangene Information wird über einen Golddraht bis zu einem winzigen Zylinder geleitet, der an den Gehörknöchel befestigt ist.
Langfristig gegen Schwerhörigkeit
ukb-Patient Manfred Lewitz hat mit der Vibrant Soundbridge eine langfristige Lösung für seine Schwerhörigkeit gefunden. Der 67-jährige Berliner litt schon seit Jahren unter starkem Hörverlust. Wie viele Betroffene verdrängte auch er lange Zeit diese Tatsache - bis es irgendwann nicht mehr ging. Während beim linken Ohr ein herkömmliches Hörgerät ausreichte, konnte rechts wegen eines zerstörten Trommelfells nur noch fortschrittlichste Technik helfen. Seit seiner Operation letzten Sommer liegt Lewitz' Hörfähigkeit wieder bei rund 90 Prozent. "Mit dem Gehör ist auch meine Lebensqualität zurückgekehrt", so Lewitz. "Die Mitmenschen ständig falsch oder gar nicht zu verstehen, war für mich eine grosse Belastung."
Wer kann das Implantat bekommen?
"Das ukb kann pro Jahr 30 solcher Hörsysteme bei gesetzlich Versicherte implantieren, dieses Budget haben wir mit den Kassen ausgehandelt", sagte Dr. Ernst. Rund 10.000 Euro kostet eine solches Implantat. Aber es hält ein Leben lang. "Wenn man bedenkt, dass die Kassen alle vier Jahre ein neues Hörgerät erstatten, amortisieren sich die Kosten für ein Implantat in den meisten Fällen."
Nur fünf Krankenhäuser in Deutschland führen derzeit dieses Behandlungsverfahren durch - etwa 200 Implantate werden in Deutschland pro Jahr eingesetzt. Das ukb führt davon rund 50 Implantationen durch.