Digitale Gesundheits-Apps: Ärzte zögern noch bei der Verschreibung

Deutschland ist Vorreiter bei den digitalen Gesundheits-Apps. Doch das Angebot wird bislang nur zögerlich angenommen – Foto: © Adobe Stock/ Kaspars Grinvalds
Eine Gesundheits-App auf Kassenkosten – in Deutschland ist das seit September 2020 möglich. Allerdings dürfen Ärzte nicht irgendeine Gesundheitsanwendung verordnen, sondern nur solche, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen worden sind. Aktuell befinden sich rund 40 zertifizierte Digitale Gesundheitsanwendungen – kurz DiGA - auf der BfARM-Liste. Diese DiGAs haben schwerpunktmäßig Depression, Angststörungen und psychosomatische Krankheitsbilder zum Inhalt. Aber auch eine App für Diabetiker und eine App zur Behandlung von Rückenschmerzen ist dabei.
200.000 DiGA-Verordnungen sind kein Tsunami
Rund 200.000 DiGA-Verordnungen verzeichneten die gesetzlichen Krankenkassen bis Ende Januar dieses Jahres. „Das ist kein Tsunami“, erklärte der Sprecher der Arbeitsgruppe für Digitale Gesundheitsanwendungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin Prof. Martin Möckel bei der DGIM-Jahrespressekonferenz am 31. Januar in Berlin.
Die Zurückhaltung der Ärzte bei den DiGA-Verordnungen liegt nach Ansicht des Mediziners von der Charité nicht allein an der überschaubaren Zahl der DiGAs und den „einseitigen“ Indikationsgebieten. Sondern auch an vielen „offenen Fragen.“ Unklar sei etwa die Therapiedauer - wie lange soll so eine App angewendet werden? - oder was zu tun sei, wenn der Patient rückfällig wird. Soll dann eine andere App verschrieben werden oder die gleiche nochmal? „Es gibt auch bisher keine Studien, in denen die Wirksamkeit einer reinen Selbstanwendung nachgewiesen worden wäre“, erklärte Möckel. Völlig ungeklärt sei außerdem die Frage nach den Nebenwirkungen.
Ärzte kennen sich mit den Anwendungen kaum aus
Hinzukommt, dass Ärzte die Funktionsweise und Wirksamkeit einer DiGA gut kennen sollten, um sie zu verschreiben. Doch hier fehlt ihnen nach Ansicht Möckels oft noch das Wissen. „Das haben wir nicht gelernt, da fehlt uns die Routine“, sagte er. Zudem fehlten den Ärzten Abrechnungsziffern, um sich gründlich mit einer App auseinandersetzen.
Ein weiterer Punkt: Die aktuell zertifizierten Gesundheits-Apps sind praktisch nicht mehr als Handlungsanleitungen für Patienten, die nicht auch von medizinischem Personal vorgenommen werden könnten. Etwa vom Physiotherapeuten, der dem Patienten Rückenübungen zeigt. Doch Möckel glaubt, dass es künftig eine zweite Generation DiGAs geben wird, die etwa mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz mehr kann als die erste. Diese Weiterentwicklungen hätten dann „einen echten Mehrwert für die Patienten.“