Desinfektionsmittel „niemals selbst zusammenrühren”

Händedesinfektionsmittel sind in vielen deutschen Apotheken auf unbestimmte Zeit ausverkauft. Dank einer neuen, befristeten Genehmigung dürfen Apotheken sie in ihrem Labor aus Grundsubstanzen selbst anfertigen und an Patienten, Arztpraxen oder Pflegeheime abgeben.
Alles weg: Seit Tagen sind in der Apotheke „Zum Goldenen Einhorn“ im Zentrum Berlins Desinfektionsmittel restlos ausverkauft – wie in den meisten deutschen Apotheken. Im Eck hinterm Tresen, im dunkelbraunen, historischen Apothekenregal, haben die Mitarbeiter den Spender mit der bläulichen Sterillium-Lösung für den Eigenbedarf stehen – sie haben ihn vor der Kundschaft in Sicherheit gebracht, denn: „Die Leute haben einen Teil der Vorräte einfach weggeklaut“, sagt die diensthabende Apothekerin. Auch wenn mit der Ankunft und der sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus‘ in Deutschland Desinfektionsmittel so gut wie flächendeckend vergriffen sind, ruft die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zu Besonnenheit auf.
Desinfektionsmittel: „Im Internet wimmelt es von Fake News“
„Niemand sollte sich selbst zuhause ein Desinfektionsmittel aus frei verfügbaren Zutaten zusammenrühren, denn das kann gefährlich werden", warnt der Apothekerverband. Hochprozentiger Alkohol könne sich entzünden. In zu geringen Konzentrationen wiederum sei er nicht gegen Coronaviren wirksam. „Die Anleitungen, die im Internet kursieren, sind ungeprüft. Ob sie gegen Viren wirken, ist ungewiss. Im Internet wimmelt es von Fake News – solide Informationen und Produkte gibt es hingegen in der Apotheke", sagt Friedemann Schmidt, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA).
Apotheken können Desinfektionsmittel im eigenen Labor herstellen
Obwohl desinfizierende Liquids, Sprays, Handgels und Feuchttücher „aus“ sind und viele Apotheker keine Angaben dazu machen können, wann wieder Lieferungen eintreffen, könnten Apotheken Abhilfe schaffen. „Apotheken sind mehr als nur Abgabestellen. In jeder Apotheke gibt es ein Labor, in dem der Apotheker aus Grundsubstanzen selbst Desinfektionsmittel anfertigen kann – für Patienten, aber besonders auch für Arztpraxen oder Pflegeheime, die dringend darauf angewiesen sind“, heißt es in einer Presseinformation der ABDA.
Desinfektionsmittel: Antiviral nur bei hohem Alkoholanteil
Dank einer befristeten Genehmigung können Apotheken Produkte zur hygienischen Händedesinfektion herstellen und in den Verkehr bringen. Bis Anfang der Woche gab es dagegen rechtlichen Hürden. Gegen das Coronavirus eingesetzt werden 70-prozentiges Isopropanol oder ein Gemisch aus Isopropanol mit Wasserstoffperoxid und Glycerol. Apotheker können zur Händedesinfektion auch Ethanol-Wasser-Gemische herstellen.
Isopropanol ist ein nicht genießbarer Alkohol mit einem charakteristischen, stechenden Geruch, der an Krankenhäuser und Arztpraxen erinnert – kein Wunder, ist er doch typischer Grundbestandteil professioneller Desinfektionsmittel. Ethanol hingegen ist hochprozentiger, reiner Trinkalkohol, der in Deutschland im Handel üblicherweise nicht erhältlich ist. Der pharmazeutische Großhandel bemüht sich laut ABDA, die Rohstoffe für die Anfertigung dieser Desinfektionsmittel in ausreichender Menge in die Apotheken zu bringen.
Kunden hamstern – Kliniken und Praxen fehlt das Handwerkszeug
Experten aus dem Gesundheitssystem kritisieren inzwischen Hamsterkäufe bei Desinfektionsmitteln oder Mundschutzmasken. Wenn die Endverbraucher die Regale leerkauften, fehlten diese Medizinprodukte dort, wo sie wirklich und dringend gebraucht würden – in Arztpraxen und Krankenhäusern.
Bei Gesunden genügt regelmäßiges, gründliches Händewaschen
Obwohl Desinfektionsmittel dazu beitragen können, die Bevölkerung bei täglich steigenden Fallzahlen von Corona-Infektionen zu beruhigen, erinnert die Apothekervereinigung daran, dass man sich auch einfacher schützen kann: „Man sollte nicht vergessen: Gesunde brauchen keine Desinfektionsmittel, um sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. Regelmäßiges Händewaschen ist nach wie vor das Mittel der Wahl“, um sich generell vor Infektionskrankheiten zu schützen. Kaltes Wasser entfernt dabei mögliche Keime genauso gut wie heißes.
Foto: Gesundheitsstadt Berlin/Zehnder