
Aderlass: Therapeutische Wirkung bei Bluthochdruck wissenschaftlich erwiesen
Der Aderlass ist eine der ältesten medizinischen Behandlungsformen. Anders als in der Naturheilkunde spielt die Methode in der modernen Schulmedizin - mit Ausnahme der Therapie der Eisenspeicherkrankheit - keine Rolle mehr. Doch möglicherweise könnte der Aderlass bei einer der weit verbreiteten Volkskrankheiten eine Renaissance erfahren. In einer Studie aus dem Jahr 2016 hatten Wissenschaftler der Charité nachweisen können, dass sich der Blutdruck bei Bluthochhochdruckpatienten mit einer Blutspende effektiv senken lässt. Eine Blutspende ist nichts anderes als ein Aderlass, bei dem Patienten ebenfalls Blut entnommen wird.
An der Studie nahmen 292 Patienten teil. 146 davon litten an Bluthochdruck mit Werten von mehr als 140/90 mmHg, die restlichen Teilnehmer hatten normale Blutdruckwerte. Wie das Forscherteam um Studienleiter Prof. Andreas Michalsen berichtete, war die blutdrucksenkende Wirkung schon nach der ersten Blutspende messbar. Allerdings trat dieser Effekt nur bei den Teilnehmern mit Bluthochdruck ein. Bei den Probanden mit normalem Blutdruck sanken die Werte dagegen nicht. Wichtig: Es kam also auch nicht zu einer Hypotonie – einem zu niedrigen Blutdruck.
Blutdrucksenkung schon nach dem ersten "Aderlass"
Unterdessen sank der Blutdruck bei den Hypertonikern mit jeder Blutentnahme weiter – im Schnitt um bis zu 16 mmHg. Hatte ein Proband zum Beispiel einen Ausgangswert von 160/91, sank sein Blutdruck nach viermaliger Blutspende auf 144/84. Die Effekte fielen stärker aus, je höher der Blutdruck war. Patienten mit Werten von über 160/100 mmHg erreichten zum Teil eine Senkung um 17 mmHg.
Damit die Ergebnisse nicht durch äußere Einflüsse verfälscht werden, wurden den Probanden strenge Auflagen gemacht. Übliche Verhaltensweisen wie Sport und Ernährung durften während der Studie nicht verändert werden. Zur Kontrolle wurden die Parameter Körpergewicht und Body-Mass-Index vor und nach Studienbeginn gemessen.
Bluthochdruck ist eine Volkskrankheit
„Die gemessene Blutdrucksenkung scheint tatsächlich auf die Blutspenden allein zurückzuführen", erläutert Professor Andreas Michalsen die Ergebnisse. Der Internist und Professor für Naturheilkunde vermutet, dass möglicherweise das Verhältnis von alten zu jungen roten Blutkörperchen entscheidend für die blutdrucksenkende Wirkung ist. Ganz genau erklären kann er den Effekt aber nicht.
Mit 30 Millionen Betroffenen in Deutschland ist Bluthochdruck eine Volkskrankheit, die zahlreiche Erkrankungen und damit hohe Kosten nach sich zieht. Folgen sind etwa Herzinfarkte, Schlaganfälle, Vorhofflimmern und eine ganze Reihe weiterer Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Organschäden.
Auf der anderen Seite werden Blutkonserven immer knapper. Michalsen sieht in den Studienergebnisse darum gleich zwei Lösungsansätze: Einmal eine nebenwirkungsarme und kostengünstige Therapiemöglichkeit der Hypertonie und zum anderen die Gewinnung von Blut für schwerkranke - und Notfallpatienten.
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