
Darmbakterien können MS auslösen - das zeigte sich bei der Untersuchung von eineiigen Zwillingspaaren – Foto: ©Studio Romantic - stock.adobe.com
Der eigentliche Auslöser der Multiplen Sklerose (MS) ist nach wie vor unbekannt. Eine neue Studie zeigte erstmals, dass Darmbakterien von MS-Patienten eine MS-ähnliche Erkrankung bei Mäusen auslösen können.
MS ist die häufigste entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Vieles spricht dafür, dass es sich bei der MS um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der Immunzellen versehentlich Gehirn und Rückenmark angreifen.
Darmflora hat großen Einfluss auf das Immunsystem
Bereits seit längerem ist bekannt, dass die individuelle Darmflora, auch Mikrobiom genannt, entscheidenden Einfluss auf das Immunsystem hat. Um die Rolle der Darmbakterien bei der Entstehung der MS zu untersuchen, suchten die Wissenschaftler nach Zwillingspaaren. Bei eineiigen Zwillingen erkrankt meist nur ein Geschwister an MS. Das ist ein Hinweis dafür, dass bei der Entstehung der MS andere als nur genetische Faktoren wirksam sein müssen.
Forscher des Instituts für Klinische Neuroimmunologie am LMU-Klinikum und der Max-Planck-Institute für Neurobiologie und Biochemie rekrutierten - mit Unterstützung der Deutschen Multiple Sklerose-Gesellschaft - eine Kohorte von mehr als 50 eineiigen Zwillingen, bei denen jeweils ein Zwilling an MS erkrankt war.
Darmbakterien können MS auslösen
Beim Vergleich der Darmflora gesunder und MS-erkrankter Zwillinge zeigten sich einige interessante Unterschiede. Das berichtet das LMU-Klinikum. Noch interessanter war eine weitere Beobachtung: Genetisch veränderte Mäuse, die mit Darmbakterien von an MS erkrankten Zwillingen besiedelt wurden, entwickelten weitaus häufiger eine der menschlichen MS sehr ähnliche Hirnentzündung als Mäuse, die mit Darmbakterien gesunder Zwillinge besiedelt wurden. Darmbakterien können also MS auslösen.
Für Prof. Reinhard Hohlfeld, Leiter des Instituts für Klinische Neuroimmunologie am LMU-Klinikum, fängt die Puzzlearbeit jetzt erst richtig an: „Im nächsten Schritt müssen wir versuchen herauszufinden, wie es möglich ist, dass Darmbakterien eine Autoimmunreaktion auslösen, die letztlich zur Zerstörung von Gehirn- und Rückenmark führt. Erst wenn wir die Mechanismen besser verstehen, können wir sie gezielt therapeutisch beeinflussen.“ Die Studie erschien im Fachmagazin PNAS.
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