Cybermobbing wird immer schlimmer

Nur noch 28 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren sind frei von Cybermobbing-Erlebnissen – bei sich selbst oder in ihrem persönlichen Umfeld. – Foto: AdobeStock/myboys.me
Junge Menschen in Deutschland waren im zu Ende gehenden Jahr 2022 noch stärker von Cybermobbing betroffen als im Kalenderjahr zuvor. Das zeigt die aktuelle Jugendstudie des Markt- und Sozialforschungsinstitut Sinus im Auftrag der Barmer. 50 Prozent der Jugendlichen haben im direkten Umfeld mitbekommen, dass jemand persönlich Ziel von Cybermobbing geworden ist – sieben Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor (2021: 43 Prozent). 16 Prozent der Heranwachsenden berichten davon, persönlich zum Opfer von Cybermobbing geworden zu sein – zwei Prozentpunkte mehr als 2021. Nur noch gut jeder Vierte (28 Prozent) ist demnach frei von Cybermobbing-Erfahrungen im eigenen Lebensumfeld.
Beleidigung: Die mit Abstand häufigste Form von Cybermobbing
Die mit Abstand häufigste Form von Cybermobbing ist laut der Sinus-Jugendstudie die Beleidigung (74 Prozent), gefolgt von Gerüchten und dem Ausschluss aus Gruppen, dem Posten von peinlichen Videos oder Bildern und Belästigungen. Auch Stalking oder Identitätsklau wurden mit jeweils elf Prozent noch relativ häufig genannt.
Der häufigste Ort des Cybermobbings ist demnach mit einem Anteil von 58 Prozent der Instant-Messaging-Dienst „WhatsApp“, gefolgt von „Instagram“ mit 42 Prozent. Am stärksten zugelegt hat mit 12 Prozentpunkten seit dem Jahr 2021 „TikTok“, das jetzt mit 38 Prozent der dritthäufigste Ort für Cybermobbing unter Jugendlichen ist.
Für die aktuelle Studie wurden im Oktober rund 2.000 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren befragt. Hier ein detailliertes Ranking der Orte und Arten von Cybermobbing:
Orte von Cybermobbing
- WhatsApp: 58 Prozent
- Instagram: 42 Prozent
- TikTok: 38 Prozent
- Snapchat: 24 Prozent
- Online-Foren, Chatrooms, Message Boards: 21 Prozent
- Facebook: 17 Prozent
- Youtube: 16 Prozent
Arten von Cybermobbing
- Beleidigungen: 74 Prozent
- Gerüchte: 54 Prozent
- Ausschluss aus Gruppen: 38 Prozent
- Posten von peinlichen Videos oder Bildern: 32 Prozent
- Belästigung: 30 Prozent
- Posten von Geheimnissen/vertraulichen Informationen: 25 Prozent
- Stalking: 11 Prozent
- Identitätsklau/Passwortklau, um falsche Nachrichten zu posten: 11 Prozent
(Quelle: Sinus-Jugendstudie 2022 im Auftrag der Barmer; Mehrfachnennungen möglich)
Reales und Cybermobbing: Was ist der Unterschied?
Mobbing findet heutzutage nicht mehr nur analog, das heißt von Angesicht zu Angesicht, statt. Das macht es für Mobbing-Täter einfacher, andere im Schutz von Anonymität schlechtzumachen oder herabzusetzen – und es braucht dafür ungleich weniger Mut als das „normale“ Mobbing, bei dem man dem Opfer in die Augen schauen muss.
„Eine Besonderheit bei Cybermobbing ist auch, dass die Betroffenen keinen Rückzugsort haben“, heißt es auf der Beratungs-Plattform „Zebra“ für jungen Betroffene. „Denn online kann das Mobbing 24 Stunden am Tag, in der Schule, im Kinderzimmer oder auf dem Heimweg stattfinden.“
Cybermobbing: Jeder Fünfte bekam keinerlei Hilfe
„Das Problem Cybermobbing intensiviert sich“, kommentiert Christoph Straub, der Vorstandsvorsitzende der Barmer, die Ergebnisse der aktuellen Studie. „Umso wichtiger ist es, dass Jugendliche neben Eltern und Freunden auch in Schulen, bei der Polizei oder in Online-Beratungsangeboten schnelle und vertrauenswürdige Hilfe bekommen, sobald sie Opfer von Cybermobbing werden oder davon erfahren.“ 19 Prozent der Befragten haben in der Befragung angegeben, im Fall von Cybermobbing-Attacken keinerlei Hilfe erhalten zu haben.
Von Cybermobbing betroffen? Hier gibt es Hilfe
Wem Cybermobbing begegnet, der braucht laut der Sinus-Studie leicht erreichbare Anlaufstellen. Erste Ansprechpersonen sind demnach zumeist Eltern und der Freundeskreis. „Mütter und Väter, die besten Freundinnen und Freunde genießen in der schwierigen Lage, in die Betroffene durch das Mobbing geraten, das größte Vertrauen“, sagt Barmer-Vorstandschef Straub. „Prinzipiell gibt es aber viele andere Anlaufstellen, die helfen können.“ So könnten vertraute Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen, Selbsthilfegruppen oder die Polizei helfen.
- Krisenchat.de: ein leicht erreichbares und psychologisch qualifiziertes Hilfsangebot, das von der Barmer unterstützt wird.
- Erste-Hilfe-App bei Cybermobbing: Die EU-Initiative „klicksafe.de“ bietet eine Erste-Hilfe-App für den Fall von Mobbing im Internet an. Kompetente und schnelle Unterstützung. Von Jugendlichen für Jugendliche entwickelt, erhalten Betroffene in kurzen Videoclips wertvolle Tipps, um sich gegen Cybermobbing zu wehren.
- www.fragzebra.de: Info- und Beratungsportal der Landesanstalt für Medien NRW für alle Fragen rund um das Thema Medien und den digitalen Alltag. Hier gibt es auch einen eigenen Button, um Cybermobbing zu melden.
- In akuten Notlagen raten Experten, sich an die Telefonseelsorge zu wenden (Tel. 0800 111 0 111) oder an die Polizei (Tel. 110).