Coronavirus häufig tödlich nach Stammzelltransplantation

COVID-19 ist nach einer allogener Stammzelltransplantation eine tödliche Gefahr – Foto: Foto: © Adobe Stock/tippapatt
Allogene Stammzelltransplantationen finden vor allem bei der Behandlung von mit Blutkrebs und Lymphdrüsenkrebs statt. In Deutschland werden jährlich mehr als 3000 solcher Eingriffe durchgeführt. Allogen bedeutet, dass Patienten Knochenmark oder Blutstammzellen von fremden Spendern erhalten. Das Immunsystem der Patienten wird dafür auf ein absolutes Minimum heruntergefahren und der Körper ist nach der Transplantation entsprechend geschwächt und anfällig.
Trotz größter Vorsicht, war während der Pandemie eine Ansteckung mit dem Coronavirus oft unvermeidlich. Nun hat eine Forschungsgruppe unter Federführung der Universitätsmedizin Halle die Krankheitsverläufe dieser Patienten ausgewertet. Die Auswertung bezieht sich auf den Zeitraum zwischen Februar 2020 und Juli 2021 – das heißt noch vor Verfügbarkeit der Impfstoffe.
Sterblichkeit liegt bei 16 Prozent
Danach war die Covid-19-Sterblichkeit nach Stammzelltransplantation sehr hoch. Sie lag bei 16,2 Prozent – und damit ungefähr 20 bis 30 Mal höher als die Sterblichkeit in der Allgemeinbevölkerung. Patienten, die wegen eines schweren Covid-Verlaufs auf der Intensivstation behandelt werden mussten, hatten ein besonders hohes Sterberisiko: Jeder zweite verstarb. Die Forscher konnten auch bestimmte Risikofaktoren für die hohe Sterblichkeit identifizieren. Eine aktive Grunderkrankung, die Infektion mit SARS-CoV-2 inner-halb eines Jahres nach allogener Stammzelltransplantation, ein Alter von über 60 Jahren und laufende Immunsuppression erhöhten das Risiko, an der Coronainfektion zu versterben.
Jeder fünft musste auf die Intensivstation
In die Studie waren 130 Patienten aus 14 deutschen und österreichischen Transplantationszentren mit einem durchschnittlichen Alter von 59 Jahren eingeschlossen. Die Zeit zwischen Stammzelltransplantation und Coronainfektion betrug bis zu zwei Jahren. Die Mehrheit der Patienten (84,9 Prozent) infizierte sich in den späteren Phasen der Pandemie, das heißt in der zweiten und dritten Welle, mit SARS-CoV-2. Rund 21 Prozent entwickelten eine mittelschwere COVID-19-Erkrankung, gut zwölf Prozent waren kritisch erkrankt; ein knappes Fünftel wurde auf einer Intensivstation behandelt. Risikofaktoren für die Entwicklung einer mittelschweren oder kritischen Erkrankung waren gleichzeitige Immunsuppression und ein Alter von über 40 Jahren.
Hochrisiko-Gruppe
„Basierend auf diesen Daten und Erkenntnissen haben wir an der Universitätsmedizin Halle festgelegt, dass diese Patienten, insbesondere solange die Pandemie-Situation anhält, weiterhin als Hochrisiko-Gruppe eingestuft und speziell betreut werden, um sie vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen und empfehlen dies auch entsprechend weiter“, betont Studienleiter Prof. Dr. Lutz Müller, Leiter des klinischen Transplantationsbereichs an der Universitätsmedizin Halle.
Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Fachmagazin „Transplantation and Cellular Therapy“ erschienen.