Chirurgen wollen Antibiotikaverbrauch massiv drosseln

Neuer Leitfaden für Ärzte: prophylaktische Antibiotikagabe nach Operationen ist unnütz
Jede Operationen birgt das Risiko einer Wundinfektion. Bei Eingriffen im Bauchraum liegt die Infektionsrate bei rund 20 Prozent. Um solchen Ansteckungen vorzubeugen, verabreichen die Ärzte vor und nach dem Eingriff Antibiotika. Doch eine weiterführende Prophylaxe nach der Operation sei überflüssig, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) Prof. Dr. Joachim Jähne. „Hier gilt das Motto: weniger ist mehr.“ Wie die Zahl der Wundinfektionen gesenkt, aber gleichzeitig unnötiger Antibiotikagebrauch verhindert werden kann, hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) jetzt in einem 5-Punkte-Plan zusammengefasst. Damit will sie vor allem dem Anstieg der Antibiotikaresistenzen, der auf den enormen Antibiotikaverbrauch zurückzuführen ist, entgegenwirken.
Der Plan sagt den Krankenhausinfektionen den Kampf an
„Durch den unnötigen Gebrauch von Antibiotika wird die Entstehung und Verbreitung lebensgefährlicher Krankenhausinfektionen gefördert – es entwickelten sich multiresistente Krankenhauskeime, die auf gängige antibakterielle Wirkstoffe nicht mehr ansprechen“, sagt PD Dr. med. Christian Eckmann, der gemeinsam mit Jähne die Arbeitsgruppe Viszeralchirurgische Infektionen der DGAV leitet. Aber auch für den einzelnen Patienten berge die Übertherapie überflüssige Gefahren. So könne eine unnötig lange Antibiotikatherapie das Gleichgewicht der Darmflora stören – mit der Folge, dass sich Erreger ausbreiten und Giftstoffe bilden, die lebensbedrohliche Darminfektionen auslösen. „Dies gilt es unbedingt zu verhindern, und dazu sollen die fünf einfachen Antibiotika-Prinzipien beitragen“, so Eckmann.
Antibiotika-Prinzipien
Zu den fünf einfachen Antibiotika-Prinzipien zählt etwa die Auswahl eines geeigneten Antibiotikums in korrekter Dosierung. Dazu will die Arbeitsgruppe eine Liste mit Empfehlungen erarbeiten, die auch solche Erreger benennt, die bereits resistent gegen Antibiotika geworden sind, und die Eingriffe aufführt, die ganz ohne Antibiotika erfolgen können. Schilddrüsen-Operationen gehören zum Beispiel dazu.
Nach der OP bleiben die Patienten künftig „trocken“
Herzstück des Plans ist den Fachgesellschaften zufolge der so genannte „Single-Shot“. Damit ist die einmalige Gabe eines Antibiotikums vor der Operation gemeint. „Dauert die Operation voraussichtlich nicht länger als drei Stunden, ist diese einmalige Gabe vollkommen ausreichend“, sagt Eckmann. Nur bei längerer Operation oder einem starken Blutverlust sollte das Antibiotikum während des Eingriffs erneut gegeben werden. Nach Abschluss der Operation sollte die Gabe von Antiinfektiva unbedingt unterbleiben. „Dieser letzte Punkt ist uns besonders wichtig“, betont der Viszeralchirurg „Es ist unnütz, nach der Operation weiterhin vorbeugend Antibiotika zu verabreichen.“
Bislang wird das aber an vielen Kliniken noch anders praktiziert. Der neue Leitfaden soll Ärzten auf dem Chirurgenkongress vom 25. Bis 28. März in Berlin vorgestellt werden.
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