Chirurgen: Studien weisen auf erhöhte Burnout-Raten hin

Chirurgen stehen oft unter großem Druck
Überarbeitet, gestresst und ausgebrannt: Studien berichten über ansteigende Raten von Burnout, Depressionen oder Suchterkrankungen bei Ärzten. Die Chirurgie scheint dabei ein besonders betroffener Berufszweig zu sein. Sogar junge Chirurgen sind oft schon ausgebrannt. Therapien für diese Art von Patienten sind in Deutschland allerdings noch selten. Zudem scheuen sich Ärzte oft, Hilfe zu suchen. Doch wie kommt es zu den häufigen Fällen von totaler Erschöpfung bei Klinikärzten? Über diese und andere Fragen diskutieren Experten auf dem 136. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), der vom 26. bis 29. März 2019 unter dem Motto „Volle Kraft voraus – mit Herz, Hand und Verstand“ in München stattfindet.
Immer mehr Mediziner „brennen aus“
„Empathie, manuelle Fähigkeiten, Wissen und Erfahrung prägen das chirurgische Handeln“, erläutert DGCH-Präsident Professor Dr. med. Matthias Anthuber das Kongress-Motto. „Hinzu kommt der mutige Blick nach vorn, der dem Patienten immer wieder aufs Neue bessere Heilungschancen zu eröffnet.“ Dies alles, stellt der Augsburger Chirurg fest, seien exzellente Voraussetzungen für eine erfüllende und sinnstiftende Berufstätigkeit, für die gerne großes Engagement erbracht wird.
„Umso nachdenklicher muss es uns stimmen, wenn immer mehr Mediziner ausbrennen“, sagt Anthuber. Untersuchungen aus dem Jahr 2014 zeigen, dass fast zwei Drittel der deutschen Klinikärzte negativen Stress im Übermaß („Disstress“) erleben, ein Viertel hegt den Wunsch, aus der klinischen Tätigkeit auszusteigen. Eine britische Studie von 2018 spricht von Burnout unter Ärzten als „Epidemie“.
Ärzte fühlen sich vielen äußeren Zwängen unterworfen
Ursachen für die zunehmende Gesundheitsgefährdung erkennen Experten vor allem in einem Übermaß an Bürokratie, Multitasking, häufigen Unterbrechungen sowie fachfremden ökonomischen und politischen Zwängen. „Zusammen mit Zeitnot und Personalunterbesetzung führt das zu Frustration und Ohnmachtserleben“, kritisiert Matthias Anthuber. „Es wird höchste Zeit, gegenzusteuern. Ärzte, die in Deutschland bestens ausgebildet wurden, dürfen wir vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung auf keinen Fall für die kurative Medizin im Krankenhaus oder auch in der Praxis verlieren.“
Denn trotz der genannten bedenklichen Zahlen feiert die Chirurgie immer mehr Erfolge. „Wir können heute über 80-Jährigen guten Gewissens neue Hüft- oder Knieprothesen einsetzen, weil wir wissen, wie wir die mit einer Operation verbundenen Risiken für Herzinfarkt und Lungenentzündung wirkungsvoll senken“, sagt Anthuber.
Operationstechniken werden immer besser
Dank herausragender Expertise können Chirurgen heute etwa auch Darmkrebs, der gehäuft im höheren Lebensalter auftritt, minimalinvasiv entfernen. Studien belegen, dass bei dieser Operationstechnik weniger Wundinfektionen und Schmerzen auftreten, die Rückkehr in den Alltag schneller gelingt. Nachteile wie erhöhte Raten an Tumorrückfall oder erhöhte tumorbedingte Sterblichkeit treten nicht auf. „Der Erfolg der Operation hängt jedoch gerade bei Tumordiagnosen vom technischen Können und der Erfahrung des Chirurgen ab“, betont Anthuber.
Neben minimalinvasiver Chirurgie, Eingriffe beim älteren Patienten und Stressbewältigung in den operativen Fächern zählen chirurgische Fortschritte etwa durch Robotik und Digitalisierung sowie Organersatz zu den weiteren Schwerpunktthemen, die auf dem 136. Chirurgenkongress diskutiert werden. Um auf den anhaltenden Organmangel aufmerksam zu machen, veranstalten die Chirurgen zudem einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Organspendelauf.
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