Charité distanziert sich von Studie zu Impfnebenwirkungen

Mehr schwere Impfnebenwirkungen als bekannt? Die Studie von Charité-Professor Harald Matthes wurde vorläufig vom Netz genommen – Foto: © Adobe Stock/ ABDA
Die Charité distanziert von der umstrittenen Studie zu Impfnebenwirkungen ihres Professors Harald Matthes. Eine Nachfrage des Linken-Abgeordneten Tobias Schulze bei Berlins Gesundheitssenatorin Gote ergab, dass die Charité „die Studie vom Anthroposophie-Professor Matthes“ aus dem Internet genommen habe und sie einer „umfassenden Qualitätsprüfung“ unterziehe. Die Studie könne nicht im Namen der Charité veröffentlicht werden, zitierte der Linken-Politiker am Montage auf Twitter.
Charité prüft, ob die Spielregeln eingehalten wurden
Man kläre gerade, ob die Umfrage von Matthes den Regeln für „gute klinische und wissenschaftliche Praxis“ und den Auflagen der Ethikkommission entspreche, hieß es aus der Charité auf Anfrage des Tagesspiegel-Checkpoint. Die Fragen, warum genau die Studie „depubliziert“ wurde und ob die Stornierung durch bessere Qualitätssicherung vorab zu vermeiden gewesen wäre, habe die Charité unbeantwortet gelassen.
Harald Matthes ist Stiftungsprofessor für anthroposophische Medizin an der Charité, außerdem Präsident der Deutschen Akademie für Homöopathie und Naturheilkunde. Aufgrund einer online-Befragung mit rund 40.0000 Teilnehmern, war Matthes zu dem Schluss gekommen, dass bei 0,8 Prozent der Impfungen schwere Nebenwirkungen aufgetreten seien - also bei einem von 125 Geimpften. Dies sei rund 40-Mal häufiger als offiziell vom Paul-Ehrlich-Institut angegeben.
Studie methodisch hoch umstritten.
Dass die Ergebnisse Impfkritikern in die Hände spielen, ist die eine Sache. Die andere ist, die Methodik: Jeder konnte sich online anmelden, ohne dass die Identität überprüft wurde. Außerdem gab es keine Kontrollgruppe.
Bereits vergangene Woche erklärte Charité-Sprecher Markus Heggen gegenüber dem ZDF, dass es sich bei der Untersuchung um eine offene Internetumfrage handele und damit nicht um eine wissenschaftliche Studie. "Diese Datenbasis ist nicht geeignet, um konkrete Schlussfolgerungen über Häufigkeiten in der Gesamtbevölkerung zu ziehen und verallgemeinernd zu interpretieren", so Heggen.
Sander hält Befragungen für ungeeignet
Der Impfstoff-Forscher Leif-Erik Sander von der Berliner Charité sagte im Gespräch mit ZDFheute, er finde es "problematisch", wenn die Erfassung der Nebenwirkungen einzig auf den Angaben der Teilnehmer basiere. Zudem verwies er darauf, dass "schwere Nebenwirkungen" international genau definiert seien - "an solche Definitionen sollte man sich halten, sonst kann man die Ergebnisse gar nicht mit anderen Studien vergleichen". Über eine Befragung sei es tatsächlich kaum möglich, die wirkliche Schwere der Nebenwirkungen zu prüfen, sagte Sander. „Und es ist praktisch unmöglich, die Nebenwirkung kausal mit der Impfung in Verbindung zu setzen.“