Bewegungsschienen nach Kreuzbandriss mit unklarem Nutzen

Reha nach Kreuzbandriss: Dürftige Datenlage erschwert die Beurteilung von aktiven Bewegungsschienen (CAM) – Foto: Adam Gregor - Fotolia
Stürze aufs Knie oder eine abrupte Drehung des Beins – und schon ist das vordere Kreuzband gerissen. Meistens ereignet sich ein Kreuzbandriss beim Sport, insbesondere beim Fußball oder Skifahren. In der Regel müssen sich die Patienten einer Operation unterziehen, gefolgt von einer längeren Rehabilitation. Damit das Knie seine alte Beweglichkeit wiedererhält, empfehlen Ärzte seit einigen Jahren Bewegungsschienen. Mit so genannten CAM- Schienen (Controlled active Motion) wird ein aktiver Bewegungsablauf trainiert, was auch zu Hause möglich ist.
Dürftige Datenlage
Derzeit ist aber unklar, ob Patienten mit vorderem Kreuzbandriss von dem Medizinprodukt tatsächlich profitieren, etwa in puncto Schmerzen oder Beweglichkeit. Grund sei eine unzureichende Datenlage, wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun mitteilt. „Welchen Nutzen oder Schaden aktive Bewegungsschienen in der Nachbehandlung bei einem Riss des vorderen Kreuzbands haben, bleibt unklar. Das gilt insbesondere für den Einsatz zu Hause“, fasst Stefan Sauerland vom IQWIG eine Analyse aller dazu vorliegenden Studien zusammen. Es sei zu begrüßen, dass Medizinprodukte entwickelt werden, die den Rehabilitationsprozess unterstützen sollen. „Dann sollte ihr Nutzen aber auch mit guten, verwertbaren Daten belegt werden. Für die CAM-Schienen fehlen sie“, kritisiert der Mediziner.
Zwei kleine Studien
Die Wissenschaftler vom IQWIG konnten lediglich zwei kleine randomisierte, kontrollierte klinische Studien finden, die CAM-Schienen mit anderen Therapien verglichen. In beiden Studien waren die aktiven Bewegungsschienen in Kliniken nach einer Operation eingesetzt worden. Eine Studie mit knapp über 60 Teilnehmern verglich eine CAM-Schiene mit einer CPM-Schiene (passives Bewegungstraining.) Die zweite Studie mit 50 Probanden testete eine Nachbehandlung mit CAM gegen eine Nachbehandlung ohne Schiene. Während die erste Studie keine relevanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppe zeigen konnte, deutete die zweite auf einen besseren Bewegungsumfang durch die CAM-Schiene hin. Allerdings war der Bewegungsumfang hier schon vor der Operation unterschiedlich gewesen.
Inhaltliche Mängel
Außer dass beide Studien relativ geringe Teilnehmerzahlen hatten und die Patienten nur sieben Tage beobachtet wurden, fanden die IQWIG-Experten noch weitere inhaltliche Mängel. So durften etwa Schmerzmittel eingenommen werden, ohne dass diese erfasst wurden, oder es wurde der wichtige Endpunkt die Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, erst gar nicht erhoben. Auch was die Tiefensensibilität betrifft, wiesen die Studien Mängel auf. Die Ergebnisse zu diesem Endpunkt seien nicht verwertbar gewesen, weil nicht sichergestellt sei, dass der für die Datenerhebung verwendete Test wirklich die Tiefensensibilität erfasse, erläutert Sauerland. „Wir können eine Verzerrung der Ergebnisse nicht ausschließen, da es Mängel bei der Durchführung gab“. Ferner sei die Datenlage zu dürftig, um ein abschließendes Fazit ziehen zu können. Der Mediziner vom IQWIG fügte hinzu: „Bei Medizinprodukten, ist das auch leider keine Seltenheit“.
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