Aspirin für Gesunde? Nutzen steht Risiko für innere Blutungen gegenüber

Ein zweischneidiges Schwert: Aspirin schützt vor Herzinfarkt und Schlaganfall, jedoch erhöht der Blutverdünner auch das Risiko für gefährliche Blutungen
Patienten mit einem hohen Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall bekommen in der Regel Aspirin verschrieben. Daneben nehmen auch viele gesunde Menschen ASS zur Vorbeugung von kardiovaskulären Ereignissen ein. Tatsächlich erfüllt der Blutverdünner auch bei ihnen ihren prophylaktischen Zweck. Doch dem Nutzen hinsichtlich weniger Herzinfarkten und Schlaganfällen steht ein Risiko für innere Blutungen gegenüber. Und das ist nicht gerade klein, wie eine neue Meta-Analyse von Wissenschaftlern am Londoner King’s College zeigt.
Aspirin oder besser kein Aspirin?
Für die aktuelle Studie hat das Team um Dr. Sean Zheng 13 Studien mit insgesamt 164.000 Teilnehmern ausgewertet, die die Effekte von Aspirin gegenüber Placebo oder keiner Behandlung untersucht hatten.
Personen, die täglich Aspirin einnahmen hatten eine um 0,38 Prozent geringeres Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod durch ein solches Ereignis. Gleichzeitig war die Einnahme von Aspirin jedoch mit einem 0,47 Prozent höheren Risiko für schwere innere Blutungen verbunden.
Dr. Zheng erläutert diese Zahlen: „Wir haben herausgefunden, das bei jedem 265. Patienten, der 5 Jahre lang mit Aspirin behandelt wurde, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall oder ein kardiovaskulärer Tod verhindert wurde. Auf der anderen Seite hatte jeder 210. Patient im gleichen Zeitraum ein schweres Blutungsereignis erlitten.“
Kardiovaskulärer Benefit versus Blutungsrisiko
„Diese Ergebnisse zeigen, dass es einen kardiovaskulären Benefit gibt, aber eben auch ein ebenso hohes Risiko für innere Blutungen“, sagt Studienautor Zheng. „Darum müssen wir ernsthaft hinterfragen, ob Patienten, die bisher keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten, wirklich Aspirin prophylaktisch einnehmen sollten.“
Leitlinien in Europa und den USA raten Ärzten, eine gründliche Abwägung zwischen dem kardiovaskulären Nutzen und dem Blutungsrisiko vorzunehmen. Gerade für ältere Menschen, die generell eher zu Blutungen neigen, könnte die Einnahme von Aspirin zu gefährlich sein.
„Die Studienergebnisse untermauern die Notwendigkeit, das Nutzen-Risiko patientenindividuell abzuwägen“, schreibt Dr. Michael Gaziano vom Brigham and Women’s Hospital Boston in einem begleitenden Editorial. Ärzte müssten auch andere Maßnahmen in Betracht ziehen, um das Risiko zu reduzieren, etwa den Verzicht aufs Rauchen und die Senkung des Blutdrucks und der Blutfettwerte.
Die Studie “Association of Aspirin Use for Primary Prevention With Cardiovascular Events and Bleeding Events' ist soeben im Fachournal “Jama“ erschienen.
Blutungen können tödlich sein
2017 hatte eine Studie im Fachmagazin „Lancet“ für Aufsehen gesorgt. Britische Forscher hatten herausgefunden, dass alleine in Großbritannien rund 3.000 Todesfälle pro Jahr auf die Verwendung von ASS zurückzuführen sind. Vor allem Patienten im Alter von über 75 Jahren, die täglich Aspirin einnehmen, sind danach gefährdet. Die Studie schloss mehr als 3.000 Patienten ein, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hatten. Wie sich zeigte, stieg das Risiko für tödliche Blutungen unter den Probanden mit dem Alter deutlich an. Während das Risiko bei Patienten im Alter bis 65 Jahre bei 0,5 Prozent pro Jahr lag, stieg die Wahrscheinlichkeit bei den 75- bis 84-Jährigen auf rund 1,5 Prozent und bei den über 85-Jährigen auf fast 2,5 Prozent an.
Zwar sei die Wirkung von Aspirin nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall unzweifelhaft nachgewiesen, erklärten die Studienautoren. Doch angesichts der aktuellen Erkenntnisse müsse das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer langfristigen täglichen Einnahme bei älteren Patienten eventuell neu überdacht werden.
Außerdem raten die Autoren, zu Aspirin immer einen Magenschutz einzunehmen. Das senke das Risiko für gefährliche Magenblutungen.
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